Mein Interview mit der Thurgauerzeitung:

Interview: Thomas Wunderlin

Wieso fehlt auf einem Teil Ihrer Wahlplakate das SVP-Logo?
Jakob Stark: Es stellt in den Vordergrund, dass ich zuerst den Stand Thurgau vertrete, die Interessen der Bevölkerung, der Unternehmen, der Landwirtschaft.

Gleichzeitig wirkt es als Distanzierung, was Ihnen wegen des umstrittenen Apfelplakats nicht unwillkommen sein dürfte.
Dass ich der SVP angehöre und mich zu der Partei bekenne, ist klar. In einer Partei, die den Föderalismus hochhält, darf es verschiedene Meinungen geben. Auf dem Apfelplakat war z.B. auch ein blauer Wurm drin, blau wie die Farbe der FDP, die Partei, die mich offiziell unterstützt. Das geht doch nicht, dass man meine Freunde so verunglimpft. Die SVP Schweiz hat da keine Rücksicht auf die SVP Thurgau genommen, die auch eine Listenverbindung mit der FDP hat.

Anders als Ihre Partei halten Sie die Begrenzung der Einwanderung nicht für wichtiger als die bilateralen Verträge mit der EU.
Ich bin kein SVP-Hardliner, sehe die Einwanderung aber auch als Problem an. Um die Zuwanderung von Arbeitskräften aus der EU zu bremsen, mussten bisher alle Branchen mit 8 Prozent Arbeitslosigkeit ihre freien Stellen melden. Nächstes Jahr gilt das ab 5 Prozent. So sollen mehr Arbeitslose wieder eine Stelle finden. Das wird nochmals Wirkung erzielen. Wenn die Zuwanderung wirkungsvoll begrenzt werden kann, sollten wir die wirtschaftlichen Beziehungen nicht aufs Spiel setzen. Aber wir dürfen deswegen auch nicht alles akzeptieren, wie zum Beispiel das Rahmenabkommen in der vorliegenden Fassung.

Sie unterstützen jedoch eine Verschärfung des Asylrechts.
Es kann nicht sein, dass wir Zwanzigjährige als Flüchtlinge anerkennen und ihnen ein Leben lang Sozialhilfe gewähren. Wir müssen Flüchtlings- und Einwanderungspolitik zusammen denken. Hat sich die Lage im Heimatland nach zehn Jahren gebessert und hat sich ein Flüchtling in unserem Land keine Existenz aufbauen können, muss man seinen Status überprüfen.

Sie hatten angekündigt, Sie wollten zwei Legislaturen im Ständerat bleiben. Gilt das noch?
Das ist mein Plan, falls ich gewählt werde. In der ersten Legislatur würde sich mein Pensum gegenüber heute reduzieren.

Ein Modell für die Reform der Altersvorsorge?
Wir sollten alle nach 65 in Teilzeit weiter arbeiten können, wenn wir gesund sind. Heute fehlt der finanzielle Anreiz. Die Altersgrenze sollte flexibler werden, wobei das durchschnittliche Rentenalter steigen sollte. So kann auch die Finanzierung der AHV gesichert werden.

Von der GLP wird dem derzeitigen SVP-Ständerat Roland Eberle vorgeworfen, er sei durch seine Mandate nicht mehr unabhängig. Werden Sie auch Mandate annehmen?
Ich werde das sehr zurückhaltend machen. Grundsätzlich ist es aber auch eine Stärke der Schweiz, dass Mitglieder des Parlaments auch Mandate in der Wirtschaft oder in Non-Profit-Unternehmen haben. Das fördert das gegenseitige Verständnis und Wissen.

Wie geht das zusammen mit Ihrer Absicht, den ganzen Stand zu vertreten? Die Wirtschaft beispielsweise ist nur ein Teil davon.
Die Unabhängigkeit geht über alles. Wenn jemand ein Mandat annimmt, muss er klar machen, dass er als Parlamentarier unabhängig ist. Wenn das nicht garantiert ist, würde ich ein Mandat nicht annehmen.

Kommt für Sie auch ein Verwaltungsratssitz einer Krankenkasse in Frage?
Ich glaube, nach sechs Jahren im Departement für Finanzen und Soziales verstehe ich etwas vom Gesundheitswesen. Aber wie stelle ich sicher, dass meine Kenntnisse immer à jour sind? Als Verwaltungsrat eines Spitals oder einer Krankenkasse bist du mitten im Geschehen und weisst, was da vor sich geht. Wichtig ist, trotz des Mandats unabhängig zu bleiben. Aber ich denke momentan nicht darüber nach, ich denke nur bis zum 20. Oktober.

Nach Ihrem Smartvote-Profil zu schliessen, müssten Sie beim aktuellen Thema Klimawandel noch zulegen.
Das kommt auf den Standpunkt an, der Klimawandel ist ein wichtiges Thema.

Sie lehnen beispielsweise die Gletscher-Initiative ab, die den Netto-Null-CO2-Ausstoss bis 2050 fordert. Das will jetzt auch der Bundesrat.
Der Bundesrat hat das neue Ziel sehr kurzfristig beschlossen. Da haben wir noch keinen Bericht, nichts. Das war ein Schnellschuss. Wir müssen den Klimawandel bremsen und Massnahmen ergreifen, um die Schweiz und die ganze Welt vor seinen Auswirkungen zu bewahren. Wichtig ist, dass wir es mit Mass machen. Wir müssen uns bewusst sein, dass alles durch eine Volksabstimmung muss. Hochtrabende Ziele nützen nichts, wenn die Leute nicht mitmachen. Und sie nützen auch nichts, wenn grosse Länder wie Indien, China oder USA nicht mitmachen. Klimaschutz fängt bei uns an, aber er ist am Schluss nur international erfolgreich.

Das Volk hat der Energiewende zugestimmt.
Die Energiewende ist als Grundsatzentscheid durchgekommen. Ob wir bei der Umsetzung auf diesem Weg ans Ziel kommen, ist eine andere Frage. Politik, welche die Akzeptanz ausser Acht lässt, ist gefährlich, siehe zum Beispiel die Widerstände gegen den Ausbau von Wasser und Windkraft.

Im Ständerat könnten Sie sich weiter für die BTS, die Bodensee-Thurtal-Strasse, einsetzen. Sie hatten als Baudirektor das Volk davon überzeugt. Allerdings stimmte der Kostenvoranschlag nicht.
Ja, das ist richtig, es war eine Kostenschätzung, die auf Vorstudien basierte. Der Regierungsrat hat bereits 2016 den Grossen Rat und die Öffentlichkeit von sich aus und umfassend informiert. Bei der Ausarbeitung der BTS habe ich den Planern und Ingenieuren immer gesagt: Ihr macht eure Arbeit, ich mache die politische Arbeit. Ich habe ihre Zahlen immer übernommen. Im Raum Amriswil hat man die Kosten extrem unterschätzt. Das hat mich geärgert. Entscheidend war aber, dass in der Botschaft klar zum Ausdruck kam, dass die Ausführung durch den Bund geschehen muss. Die Thurgauerinnen und Thurgauer haben also immer gewusst, dass der Kanton nicht bezahlen muss. Und es ging nicht um einen Kredit, es ging um einen grundsätzlichen Netzbeschluss.

Was sollen die Wähler noch von Ihnen wissen?
Dass ich hoch motiviert bin, unsern Thurgau in Bern zu vertreten. Ich habe aus 14 Jahren Regierungstätigkeit in drei Departementen so viel Wissen über den Kanton und die wichtigsten politischen Themen erworben, so viele Erfahrungen gesammelt und so viele Beziehungen innerhalb und ausserhalb des Kantons geknüpft, dass ich jetzt dem Thurgau als Ständerat sehr gute Dienste leisten könnte.