Liebe Leserinnen und Leser

Die Sommersession war dicht befrachtet, mit zum Teil sehr komplexen Geschäften. Einige mussten auch auf später verschoben werden. Dies darf im Ständerat jedoch nicht zum Normalfall werden. Präsident Thomas Hefti (FDP/GL) hat denn auch angekündigt, dass er in der nächsten Session mehrere Nachmittage für Eventualsitzungen einplanen werde.

Ein wichtiges Geschäft der Session war die zweite Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG II). Als Kommissionssprecher erläuterte und begleitete ich die Vorlage bei den Beratungen im Rat, die rund sechs Stunden dauerten. Im RPG II geht es ausschliesslich um die Bestimmungen ausserhalb des Baugebiets. Der Ständerat hat die Vorlage gegenüber dem Vorschlag des Bundesrats stark vereinfacht und reduziert und eigentümerfeindliche Bestimmungen wie die bedingte Baubewilligung mit Beseitigungspflicht weggelassen. Stattdessen sollen mit einer Abbruchprämie im Umfang der Abbruchkosten Anreize gesetzt werden, damit alte Bauten ausserhalb der Bauzonen abgerissen werden und allfällige Neubauten wenn möglich an den bisherigen Standorten gebaut werden. Neu wird der «Vorrang der Landwirtschaft» in das Gesetz aufgenommen, womit die Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet als wichtige Massnahme gegen eine weitere Zersiedelung unterstrichen werden soll. Die Gebäudezahl im Nichtbaugebiet soll stabilisiert werden. Mit dieser und anderen Bestimmungen wird das RPG II auch zum indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative, die vom Ständerat deutlich abgelehnt worden ist. Schliesslich soll der sogenannte «Gebietsansatz» den Kantonen die Möglichkeit geben, in speziell bezeichneten kantonalen Nutzungszonen nicht standortgebundene Bauten und Anlagen zu bewilligen, sofern Aufwertungs- und Kompensationsmassnahmen für Natur und Landschaft vorgesehen werden, sodass insgesamt eine verbesserte raumplanerische Gesamtsituation resultiert. Eine Win-Win-Situation für die Entwicklung im ländlichen Raum und für die Bewahrung und Aufwertung unserer schönen Landschaft und der Natur.

Viel zu reden gab auch das Sexualstrafrecht, obwohl ich persönlich manchmal nachdenklich werde aufgrund der Tatsache, wie wichtig und umfangreich dieses Thema in unserer Gesellschaft geworden ist, und dass es nötig geworden ist, das in einer Beziehung eigentlich Normale ins Gesetz schreiben zu müssen. Trotzdem habe ich mich für die klare Formel «Nein heisst Nein» ausgesprochen, was auch laut Juristen am Schluss klarer ist als «Ja ist Ja». Und Klarheit ist, neben dem Respekt, in dieser Beziehung in jeder Beziehung am wichtigsten.

Intensiv war auch die Debatte für den sogenannten Rettungsschirm für Stromunternehmen. Eigentlich ist der Titel falsch gewählt, weil er zu viel suggeriert. Denn es geht nur darum, eine gefährliche Entwicklung des Strommarkts in den Griff zu bekommen, an die man bei der Strommarktliberalisierung schlicht nicht gedacht hat. Bei unerwarteter kurzfristiger Stromknappheit, wie sie aufgrund des Ukraine-Kriegs bei einem Gasembargo droht, schnellen die Strommarktpreise an der europäischen Energiebörse in Leipzig dermassen in die Höhe, dass die grossen Stromunternehmen in ganz Europa ihre Sicherheitsleistungen in kurzer Zeit so drastisch erhöhen müssen, dass ihnen die flüssigen Mittel auszugehen drohen. Für diesen Fall haben die EU-Kommission und die EU-Staaten seit Ende März viele Milliarden Euro bereitgestellt. Das Gleiche beabsichtigt die Schweiz nun mit dem «Rettungsschirm», dessen Name richtigerweise «Liquiditätsversicherung» oder «Strommarktversicherung» lauten müsste. Die entstehenden Kosten müssen vollumfänglich von den Stromunternehmen getragen werden, und die Bedingungen sind so «unattraktiv» ausgestaltet, dass wirklich nur im absoluten Notfall davon Gebrauch gemacht werden soll. Mit dem letztlich klaren Ja zu dieser Vorlage ging es dem Ständerat darum, dieses Problem rasch zu lösen. Das Ziel der Stromversorgungssicherheit hat absoluten Vorrang, es braucht dafür einen Schulterschluss aller politischen Kräfte. Mein Interview dazu im SRF vom 16. Juni finden Sie hier.
Alle weiteren berechtigten Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, sollen auf dem Weg der Revision von Energiegesetz und Strommarktgesetz (sogenannter Mantelerlass) geklärt und geregelt werden. Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) des Ständerats wird sich in den kommenden Monaten intensiv damit auseinandersetzen mit dem Ziel, einen ersten Teil in der Herbstsession in den Ständerat zu bringen. Denn es eilt. Die Grundlagen für einen baldigen grossen Ausbau der CO2-freien Stromproduktion in allen Bereichen müssen nun gelegt werden.

Unerfreulich war, dass die Vorlage zur Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) an die zuständige Kommission zurückgewiesen werden musste, weil wesentliche Vorarbeiten ganz einfach zu wenig gründlich gemacht worden sind. Wir müssen dafür jetzt nicht die Schuldigen suchen, sondern ganz einfach verlangen, dass die BVG-Reform in der Herbstsession beschlossen werden kann. Dafür bin ich zuversichtlich – und die Konturen der Vorlage in der Fassung des Nationalrats – mit Verbesserungen bei den Ausgleichsmassnahmen – zeichnen sich bereits deutlich ab. Damit ist auch Gewähr geboten für eine sachliche Diskussion im kommenden Abstimmungskampf über die AHV-Revision 21, die einen sehr guten Kompromiss darstellt, den ich Ihnen mit Überzeugung zur Annahme empfehle.

Nachfolgend erhalten Sie wie gewohnt einen kurzen Überblick zu meinen Vorstössen und Voten in der Sommersession. Vielen Dank für Ihr Interesse.

Ihr Ständerat

Jakob Stark

Informiert aus erster Hand – immer herzlich eingeladen

SVP bi de Lüüt am Montag, 4. Juli 2022 um 20.15 Uhr im Brauhaus Frauenfeld. Einladung (JPG)

 

Afrikanische Schweinepest vor der Haustüre

Mit meiner Motion will ich bei verordneten Betriebsschliessungen und Notschlachtungen von verseuchten Tierbeständen rasch eine Lösung für die Entschädigung von entstehenden Mehraufwänden der betroffenen Schlacht-, Zerlegungs-, Verarbeitungs- und Entsorgungsbetriebe erreichen. Ziel: Sicherung der Schlachtbetriebe und der Versorgungssicherheit.

Motion

 

Für ein würdiges Zusammenspiel, auch in Krisenzeiten

Die Covid-Pandemie hat die unzureichende rechtliche Einbindung des Parlamentes in die Beschlüsse zur Bekämpfung der Pandemie schonungslos aufgezeigt. Sie stellt insbesondere in staatspolitischer Hinsicht einen schwerwiegenden Mangel dar. Das Parlament darf in Krisenzeiten nicht zu einem Konsultationspartner des Bundesrats degradiert werden. Mein Anliegen lehnte der Ständerat ab und will die Revision des Epidemiengesetzes abwarten sowie die Anpassungen des Parlamentsgesetzes, das im Herbst zur Debatte steht.

Mein Votum

 

Zum Zuschauen beim Mehltau gezwungen

Die Antwort des Bundesrates auf meine Interpellation zeigt, dass in der Schweiz ein neuer Pflanzenschutzwirkstoff eben doch nochmals geprüft wird, auch wenn er in der EU bereits zugelassen ist. Dabei nimmt der Bundesrat eine offensichtliche Angebotsverknappung von Pflanzenschutzmitteln und Konkurrenznachteile der Schweizer Pflanzen-, Obst- und Rebbauern in Kauf. Das ist falsch und torpediert alle Bemühungen für umweltschonende Pflanzenschutzmittel und einen zurückhaltenden Einsatz.

Mein Votum

 

Motion Zucker zurückgezogen

Ich habe die Motion «Gleich lange Spiesse für den Schweizer Zucker» zurückgezogen. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben hatte sie deutlich verworfen. Die landwirtschaftliche Forschungsanstalt Agroscope des Bundes bemüht sich mittlerweile intensiv um alternative Pflanzenschutzmittel zur Bekämpfung der betreffenden Blattlaus, welche die Vergilbung der jungen Zuckerrüben auslöst. Wie erfolgreich diese alternativen Produkte wirklich sind, muss sich erst noch weisen. Jedenfalls gaben sich die offiziellen Bauernverbands- und Zuckerverbandskreise damit vorläufig zufrieden und schätzen den offenbar guten Dialog. Auf Grund der Überlastung und akuten Zeitnot im Ständerat habe ich mich entschlossen, den Prozess abzukürzen, und zog die Motion zurück.

Motion

 

TV Tipp: Interview zum Rettungsschirm für Stromunternehmen

SRF, Tagesschau, 15.6.22, 18 Uhr, zum Nachschauen