Nicht nur Geschäfte sorgen für erhöhte TemperaturenSehr geehrte Damen und Herren, Im Verlaufe der Sommersession wurde das Wetter immer schöner und wärmer und nun steuern wir auf einen guten Sommer zu, der uns gerne zwischendurch auch einige kühlere Tage und genügend Niederschläge bringt. Politisch wird es in den kommenden Monaten mit der Vernehmlassung zum EU-Vertragspaket und der Botschaft zum Bundes-Entlastungsprogramm wenig Abkühlung geben. Viel Spannung und hohe Temperaturen brachten auch die Geschäfte der Sommersession. An erster Stelle möchte ich die Individualbesteuerung nennen, die unter der Ägide der FDP im Ständerat nur mit knappsten Mehrheiten und teilweise mit Stichentscheid des Präsidenten Andrea Caroni (FDP/AR) durchgedrückt werden konnte. Ich habe im letzten Newsletter ausführlich über diesen zentralistischen Sündenfall, diese Arbeitsbeschaffungsaktion für unsere Steuerverwaltungen und diese Relativierung des Ehegüterstandes informiert. Nun wird das Referendum zweifach ergriffen: über die Parteien SVP-Mitte-EDU-EVP und den Bauernverband einerseits, über die Kantone mit dem Kantonsreferendum andererseits. In einem Jahr werden wir dann an der Urne abstimmen. Noch viele andere Themen haben uns im Ständerat beschäftigt. Einige greife ich nachfolgend heraus, um sie Ihnen etwas näherzubringen. Es freut mich, wenn Sie etwas Zeit für die Lektüre haben, und ich freue mich auch immer über Ihre Reaktionen, Vorschläge und Anregungen. Demokratie lebt vom gegenseitigen Austausch, von Begegnungen und gegenseitigem Respekt. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gute Sommer- und Ferienzeit. |
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Leider Nein zur Neutralitäts-Initiative – immerhin Ja zum Gegenvorschlag
Seit 1848 steht die «Schweizer Neutralität» in der Verfassung, ohne eine Definition. In der globalen und vernetzten Welt ist das allgemeine Selbstverständnis darüber, was das genau bedeutet, heute leider nicht mehr da. In dieser Situation hat es der Bundesrat unterlassen, einen klaren Begriff der «Neutralität» zu prägen, im Gegenteil. Nachdem er am 28. Februar 2022 entschieden hatte, die Sanktionen gegen Russland zu übernehmen, ist ihm die Deutungshoheit vollends entglitten. Die internationale Nachrichtenagentur Bloomberg titelte umgehend: «Die Schweizer geben historische Neutralität auf» und prägten so die eine weltweite Interpretation, wie es zum Beispiel in der New York Times zu lesen war: «Damit legt die Schweiz ihre lange Tradition der Neutralität beiseite.»
Zur Klarstellung: Ich verurteile die Aggression und den Krieg von Russland gegen die Ukraine und habe keinerlei Verständnis dafür. Aber es geht nicht darum, sondern um das Faktum, dass nicht mehr wir Schweizerinnen und Schweizer unsere Neutralität definieren, sondern das Ausland, was die Neutralität unglaubwürdig und am Ende nahezu nutzlos und auch lächerlich macht.
Also ist der Zeitpunkt gekommen, unsere Neutralität in der Verfassung zu umschreiben. Die SVP-Neutralitätsinitiative macht dies und wurde am vorletzten Sessionstag behandelt. Positiv war, dass der Ständerat die grundsätzliche Notwendigkeit erkannt und mit 27:15 Stimmen einen vom St. Galler Kollegen Beni Würth angestossenen Gegenvorschlag angenommen hat. Der Gegenvorschlag übernimmt zwei Elemente der Initiative, nämlich die Verankerung der immerwährenden bewaffneten Neutralität sowie das Ziel der Schweiz, damit zur Verhinderung und Lösung von Konflikten beizutragen und als Vermittlerin zur Verfügung zu stehen.
Die beiden anderen Elemente der Initiative, die Militärbündnis-Freiheit der Schweiz und die Nichtbeteiligung an Sanktionen, werden mehrheitlich abgelehnt, sodass die Initiative schliesslich nur 8 Ja-Stimmen (bei 35 Nein) auf sich vereinigen konnte. Ich persönlich bedaure dies, weil ich überzeugt bin, dass es wichtig ist, diese beiden Punkte klar zu regeln. Damit hätte der Bundesrat einen klaren Wegweiser in der Verfassung und könnte ausgehend von diesem Ankerpunkt eine kluge und auch differenzierte Verteidigungs-, Wirtschafts- und Aussenpolitik machen. Fortan würde die Schweiz selbst wieder definieren, dass sie neutral ist und wie sie neutral ist, und nicht die Agentur Bloomberg oder die New York Times. Die Klarheit der Bestimmungen wären auch eine grosse Verpflichtung für eine Politik der Guten Dienste. Die Schweiz könnte und würde so beweisen, dass ihre Neutralität nicht nur ihren Sicherheitsinteressen dient, sondern auch der Friedensförderung auf der ganzen Welt.

(Bild: VBS, Sam Bosshard)
Änderung Kriegsmaterialgesetz stärkt Rüstungsindustrie
Die Schweizer Rüstungsindustrie soll beim Export von Kriegsmaterial künftig weniger strenge Regeln befolgen müssen. Ausfuhren in die 25 demokratischen Länder gemäss Anhang 2 der KMG-VO sowie die Weitergabe von exportierten Gütern sollen neu grundsätzlich wieder möglich werden. Das Kriegsmaterialgesetz (KMG) wurde entsprechend mit der deutlichen Mehrheit von 31 zu 11 Stimmen angepasst.
Ich habe die Gesetzesänderung klar unterstützt, denn damit können die Probleme zwischen der Umsetzung des Kriegsmaterialgesetzes und der Anwendung der Neutralität behoben werden. Das ist sehr wichtig für die Zukunft unserer Rüstungsindustrie und ganz generell für unsere Industrie. Unter den heutigen Bedingungen kann die Schweizer Rüstungsindustrie kaum mehr exportieren, was ihre Zukunft und auch ihre wichtige Funktion für die Schweizer Armee bedroht.
Der Entscheid stärkt auch GDELS-Mowag in Tägerwilen und Kreuzlingen mit 920 Beschäftigten, darunter auch 60 Lernende in zehn Berufen, also einen sehr wichtigen Industriebetrieb für unseren Kanton. Als konzernweites Kompetenzzentrum für geschützte Radfahrzeuge hat die Mowag eine herausragende Position erreicht, deren Festigung nun möglich wird. Ohne KMG-Anpassung droht eine Verlagerung von Personal und Kompetenzen in andere Produktionsstandorte von GDELS (General Dynamics European Land Systems) im Ausland.
Noch liegt ein weiter Weg vor uns. Zuerst muss der Nationalrat in der Herbstsession zustimmen. Danach ist mit einem Referendum pazifistischer Kreise zu rechnen, was zu einer Volksabstimmung im Jahre 2026 führen wird. Diese müssen wir gewinnen – mit viel Engagement und sehr guten Argumenten!
Kein Geld für Tele-D
Vorgeschlagen mit zwei parlamentarischen Initiativen, beschloss das Parlament, den Anteil der regionalen Radio- und TV-Stationen an den Radio- und Fernsehgebühren (Serafe) um 2 Prozentpunkte auf 6 bis 8 % zu erhöhen. Das sind 25 Mio. Fr. mehr. Leider erhält der Lokal-TV-Sender Tele D in Diessenhofen seit vielen Jahren keine Gelder mehr aus dieser Kasse und muss sich vollständig selbst finanzieren. Er erbringt eine wertvolle staatspolitische Grundleistung, indem er zum Beispiel über alle nationalen und kantonalen Abstimmungsvorlagen ausführlich und kontradiktorisch informiert. Ich beantragte deshalb, dass solche lokalen Sender einen jährlichen Beitrag von 200’000 bis 500’000 Fr. erhalten sollten, was im Falle von Tele D sehr wichtig wäre. Leider hat der Ständerat den Antrag mit 16 JA zu 26 NEIN abgelehnt. Sehr bedauerlich – die vielen JA-Stimmen machen mir Mut, es in anderer Form in Zukunft nochmals zu probieren.
(Bild: Axpo,Visualisierung geplantes Gaskraftwerk in Muttenz)
Gaskraftwerke als Reserve für überraschende Strom-Mangellagen
Das Parlament hat das Stromreserve-Gesetz definitiv beschlossen. Damit ist die Schweiz besser vorbereitet für Strom-Mangellagen, die in der Zukunft vermehrt drohen. Der Grund liegt in dem gestiegenen Anteil von Solar- und Windstrom. Dessen Einspeisung kann aufgrund falscher Wetterprognosen bzw. überraschender Wolkenfelder oder Windstille, sogenannten Dunkelflauten, plötzlich viel tiefer sein als vorgesehen. Zudem könnte auch die Stromzufuhr aus dem Ausland in Zukunft aufgrund neuer Bestimmungen in der EU unsicherer werden. Jedenfalls kann nun in der Schweiz mit dem möglichen Betrieb von Gaskraftwerken und Notstromgruppen eine thermische Stromreserve geschaffen werden. Insgesamt wurde ein breites Regelwerk geschaffen für eine zielführende Organisation und Infrastruktur zur Verhinderung bzw. Bewältigung allfälliger Strom-Mangellagen. Die heute per Notrecht in der bis Ende 2026 geltenden Winterreserveverordnung verankerten Regeln werden damit auf eine gesetzliche Basis gestellt. Der zuständige Bundesrat Albert Rösti war im Ständerat sichtlich erleichtert, als die letzten Differenzen zum Nationalrat ausgeräumt worden waren. «Das Gesetz ist eine Versicherung, die wir hoffentlich nie brauchen», sagte er.
(Bild: Gemeinde Blatten)
Solidaritätsbeitrag für Blatten VS: «Einer für alle, alle für einen!»
Ein massiver Gletscher- und Bergsturz hat einen grossen Teil des Dorfes Blatten sowie den Weiler Ried unter einer riesigen Masse aus Stein, Eis und Schlamm begraben. Aufgrund dieser Katastrophe hat das Parlament auf Antrag des Bundesrats einstimmig einen Solidaritätsbeitrag des Bundes von 5 Mio. Franken beschlossen. Dies entspricht rund 15’000 Franken pro Einwohnerin und Einwohner von Blatten für total 303 Personen. Damit sollen Sofortmassnahmen finanziert werden, die nicht durch Versicherungen oder Subventionen abgedeckt sind und rasch umgesetzt werden müssen oder der Milderung von Härtefällen in der Bevölkerung dienen.
Als Präsident der Finanzkommission vertrat ich das Geschäft im Ständerat. Ich dankte dem Bundesrat für sein rasches und umsichtiges Handeln, koordiniert mit Kanton und Gemeinde. Das zeigt und stärkt die Solidarität mit der Bevölkerung von Blatten und dem Lötschental, jetzt und für die Zukunft. «Unus pro omnibus, omnes pro uno» («Einer für alle, alle für einen») steht nicht einfach in der Bundeshauskuppel, es wird gelebt!
(Bild: Mit DALL-E generiert.)
Gefährliche JUSO-Erbschaftssteuer-Initiative wuchtig abgelehnt
Die Volksinitiative «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert» (Initiative für eine Zukunft) der Jungsozialisten (JUSO) verlangt im Kern eine Erbschaftsteuer von nicht weniger als 50% auf allem vererbtem Vermögen, das 50 Mio. Fr. übersteigt. Diese Steuer wäre nicht nur völlig masslos und eigentumsfeindlich, sie wäre vor allem eine Bedrohung für Familienbetriebe, denen in Erbgängen durch die Steuer wesentliche Substanz entzogen würde, was die Nachfolge wiederum stark erschweren würde. Im Durchschnitt sind 80 Prozent der Vermögen von Unternehmen gebunden. Müsste die Steuer bezahlt werden, wären viele gezwungen, ihre Firmen zu verkaufen, um an die nötigen liquiden Mittel zu kommen.
Der Ständerat hat deshalb diese Initiative als Zweitrat mit 36 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung wuchtig abgelehnt. Auch die Schlussabstimmung beider Räte ergab eine klare Ablehnung, sodass die Initiative nun mit einer klaren NEIN-Empfehlung von Parlament und Bundesrat bald zur Volksabstimmung gelangt.
Da die Initiative auch Massnahmen verlangt zur Verhinderung von Steuervermeidung, insbesondere in Bezug auf Wegzüge, hat sie erhebliche Unruhe und Unsicherheit ausgelöst. Vor allem der Umstand, dass die Steuer unmittelbar nach einem Ja geschuldet würde, hatte schon vor einem Jahr lebhafte Diskussionen über Wegzüge aus der Schweiz ausgelöst.
Insgesamt kann also festgestellt werden, dass die JUSO-Initiative der Wirtschaft und dem Wohlstand in der Schweiz erheblich schaden würde. Die klare Ablehnung im Ständerat erstaunt deshalb nicht – und es sich auch zu hoffen, dass die Volksabstimmung ähnlich klar ausfallen wird. Ein entsprechendes Engagement für ein NEIN wird aber auch bei dieser Ausgangslage nötig sein!