Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Wählerinnen und Wähler

Die erste Session der neuen Legislatur hat einige wichtige Entscheidungen gebracht. Im Zentrum stand die Ersatzwahl für den zurücktretenden Bundesrat Alain Berset. Nach vielen Gerüchten und Berichten fiel die Wahl unspektakulär aus: Gewählt wurde der Basler Regierungspräsident Beat Jans. Welch eine verrückte Geschichte. Noch letztes Jahr warb Beat Jans am Vorabend der Bundesratswahlen im «Bellevue» für seine Parteikollegin Eva Herzog, die tags darauf als Favoritin die Wahl nicht schaffte. Ein Jahr später wurde Jans nun selbst Bundesrat. Bundesratsgeschichten: ein Märchen für die einen, ein Albtraum für die andern. Ich störe mich nicht daran, dass sich das Parlament an den Zweiervorschlag der SP-Fraktion gehalten hat, an das sogenannte Ticket. Denn eine Vierparteienregierung wie der Bundesrat kann nur funktionieren, wenn deren Mitglieder gut in ihren Parteien verankert sind und von ihnen getragen werden.

Weitere Themen waren die Finanzen, das Gesundheitswesen, die Kreislaufwirtschaft, die Biodiversität, die Abschaffung des Eigenmietwertes, das Verbot der Terrororganisation Hamas sowie die neue EU-Regelung gegen die Entwaldung bei der Produktion von Naturprodukten wie Holz oder Palmöl. Ich habe für Sie das Wesentliche zusammengefasst.

Ich wünsche Ihnen allen eine frohe und gesegnete Weihnachtszeit mit guter Gemeinschaft, aber auch Zeiten von Stille und Erbauung. Möge Ihnen sodann das neue Jahr gutes Gelingen, Wohlergehen und Glück bringen! Und der Welt etwas mehr Frieden!

 Ihr Thurgauer Ständerat

Jakob Stark 

 

Foto von Heiner pexels.com

Mittel für Landwirtschaft nicht gekürzt

Ein grosses Thema der Wintersession waren die Finanzen: der Voranschlag 2024 und der Finanzplan 2025 – 2027. Die Ausgaben in den nächsten Jahren werden die Einnahmen regelmässig um 2 – 3 Mrd. Fr. übersteigen, eine Riesensumme, auch wenn dies angesichts eines Gesamtbudgets von rund 81 Mrd. Fr. «nur» 2.5 – 3.7 Prozent ausmacht. Für den Voranschlag 2024 musste der Fehlbetrag ausgeglichen werden, weil die Schuldenbremse verlangt, dass die Ausgaben die Einnahmen nicht überschreiten dürfen. Da die Mehrheit der Ausgaben gebunden ist, also gesetzlich festgelegt und unveränderbar, trafen die Kürzungen die ungebundenen und schwach gebundenen Ausgaben. Bei der Landwirtschaft half ich erfolgreich mit, Kürzungen zu verhindern, vor allem bei den Direktzahlungen. Im Gegensatz zu anderen Ausgaben stellen die Direktzahlungen direktes Einkommen der Landwirte dar. Deshalb soll es nicht gekürzt werden; es wird jedoch – im Gegensatz zu den meisten Branchen – auf einen Ausgleich der Teuerung verzichtet. Zudem musste auch konstatiert werden, dass die meisten Kürzungen keine effektiven Kürzungen darstellten, sondern nur reduziertes Wachstum.

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Zu wenig Geld für die Armee

Hauptthema bei den Finanzen waren die Verteidigungsausgaben im Finanzplan. Der Bundesrat schlug ein Wachstum auf 5.9, 6.14 und 6.5 Mrd. Fr. für die Jahre 2025-27 vor, der Ständerat erhöhte auf 6.14, 6.7 und 7.3 Mrd. Franken. In der Einigungskonferenz konnte sich schliesslich der Nationalrat durchsetzen, womit die Ausgaben für die Armee erst im Jahre 2035 1% der Brutto-Inland-Produkts (BIP) erreichen statt bereits 2030, wie das Parlament noch letzten Sommer beschlossen hatte. Das ist sehr bedauerlich, denn damit bleibt die Verteidigungsbereitschaft und -fähigkeit der Schweiz noch während vieler Jahre ungenügend. Angesichts der sich verschlechternden Sicherheitslage in Osteuropa eine beunruhigende Tatsache!

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EFAS: Wichtige Reform im Gesundheitswesen

Mit EFAS, der Einheitlichen Finanzierung von Ambulanten und Stationären Spitalleistungen, konnten sich National- und Ständerat nach 14 Jahren (!) endlich wieder einmal auf eine grosse Reform im Gesundheitswesen einigen. Kern der Vorlage ist, dass künftig Spitalleistungen generell und immer im gleichen Verhältnis von den Krankenversicherern (ca. 73%) und den Kantonen (ca. 27%) finanziert werden müssen. Bisher bezahlen die Krankenversicherer die ambulanten Spitalleistungen zu 100%, während sie sich an den stationären Spitalleistungen mit höchstens 45% beteiligen müssen; den Rest tragen die Kantone. Das immer gleiche Finanzierungsverhältnis bringt Vereinfachungen und verbessert die Bedingungen und Anreize für kostensenkende Massnahmen. Dass auf Druck der Kantone in sieben Jahren auch die Pflegefinanzierung mit diesem System finanziert werden soll, ist – in meiner Beurteilung – ein bedauerlicher Kollateralschaden. Immerhin knüpft das neue Gesetz diese Einführung an klare Bedingungen, was gleichermassen wichtig wie beruhigend ist.

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Kreislaufwirtschaft, Eigenmietwert, Hamas Verbot, Biodiversität

Weitere wichtige Gesetzesprojekte wurden behandelt, aber noch nicht zu Ende beraten: die Änderung des Umweltschutzgesetzes (Lärmvorschriften für Wohnbauten, Revision des Altlastenrechts), das neue Gesetz zur Kreislaufwirtschaft (mit Littering-Bussen), die Abschaffung des Eigenmietwerts oder auch die Motion, die Terrororganisation «Hamas» zu verbieten. Klar abgelehnt wird die Biodiversitäts-Initiative, was ich unterstütze. Wenig Verständnis hatte ich aber dafür, dass ein vorliegender moderater indirekter Gegenvorschlag abgelehnt wurde, obwohl die Biodiversitäts-Initiative dann zurückgezogen worden wäre. Diese Volksabstimmung hätten wir uns – und unseren Bäuerinnen und Bauern – ersparen können und sollen!

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Bürokratisierungs- und Regulierungsschub wegen EUDR

Schliesslich wurde auch meine Interpellation zur EUDR behandelt, die European Deforestation Regulation. Diese tritt ab dem 1. Januar 2025 in Kraft und bestimmt nichts anderes, als dass in der EU zukünftig alle Produkte wie Holz, Papier, Kaffee, Kakao, Soja, Palmöl, Rindfleisch, Kautschuk und so weiter neu den Nachweis erbringen müssen, dass ihre Produkte nicht zur Entwaldung (= Rodung) oder Waldschädigung beigetragen haben. Die Schweizer Branchen, welche mit den EU-Staaten Handel treiben, müssen diese Standards wohl oder übel übernehmen. Der Bundesrat versicherte, dass er im Gespräch mit den betroffenen Branchen stehe und möglichst kluge und einfache sowie zeitgerechte Lösungen anstrebe. Hingegen konnte Bundesrat Albert Rösti nicht versprechen, dass dieser Vollzug nicht ohne viel neue Bürokratie umgesetzt werden könne! Oh tempora, oh mores!